Wirtschaftsregion

UNTERNEHMENSNACHFOLGE IN DER LANDWIRTSCHAFT

Wirtschaftsförderung Bergstraße GmbH und Raiffeisenbank Ried eG veranstalteten Informationsabend für Landwirte in der Region vor vollem Haus / Experten sprachen über Gestaltungsmöglichkeiten und eventuelle „Fallstricke“

Unternehmensnachfolge in der Landwirtschaft
Die Hauptakteure des Abends (v.l.): Frank Ohl, Vorstand der Raiffeisenbank Ried eG, Karl-Heinz Armbrust, ehemaliger Rechtsanwalt im Hessischen Bauernverband e.V., Landrat Christian Engelhardt, Aufsichtsratsvorsitzender der Wirtschaftsregion Bergstraße / Wirtschaftsförderung Bergstraße GmbH (WFB), Harald Krummenauer, Prokurist Vertrieb Agrar der R+V Allgemeine Versicherungen AG, Claus Diehlmann, Vorstandsvorsitzender der Raiffeisenbank Ried eG, Dr. Matthias Zürker, Geschäftsführer der WFB, Walter Wiedemann, Erster Stadtrat der Stadt Bürstadt, sowie Norbert Rückeis, Vorstand der Raiffeisenbank Ried eG.  - © WFB

16.02.2017: Die Sicherstellung der Unternehmensnachfolge ist eine der größten Herausforderungen im wirtschaftlichen Umfeld – auch in der Wirtschaftsregion Bergstraße. Das betrifft nicht zuletzt die hiesigen Landwirte. Die Agrarwirtschaft spielt seit jeher eine wichtige Rolle im regionalen Wirtschaftsgefüge und trägt mit ihrer Arbeit auch zum Erhalt und zur Weiterentwicklung der Kulturlandschaft bei. Um dies auch zukünftig sicherstellen zu können, ist die proaktive Gestaltung der Nachfolge in den landwirtschaftlichen Betrieben essenziell.

Für die Landwirte in der Wirtschaftsregion Bergstraße veranstalteten die Wirtschaftsregion Bergstraße / Wirtschaftsförderung Bergstraße GmbH (WFB) und die Raiffeisenbank Ried eG gestern den Informationsabend „Unternehmensnachfolge in der Landwirtschaft“ in den Räumen des Geldinstituts in Bürstadt. Rund 70 Teilnehmer waren zur Veranstaltung gekommen.

„Unternehmensnachfolge ist ein Thema mit großer Zugkraft für die Landwirtschaft“, sagte Claus Diehlmann, Vorstand der Raiffeisenbank Ried eG, mit Blick auf die zahlreichen Gäste. „Die Betriebsübergabe ist ein komplexes Thema und stets ein Wendepunkt in der Historie eines Unternehmens“, bekräftigte er. Es gelte, einen Interessensausgleich zu finden und offen miteinander zu kommunizieren.

Weitere Grußworte sprach Walter Wiedemann, Erster Stadtrat der Stadt Bürstadt, der die kurzfristig verhinderte Bürgermeisterin Barbara Schader vertrat. „Unternehmensnachfolge ist ein schwieriges Unterfangen und stellt an die Landwirte große Anforderungen“, griff er die Worte Diehlmanns auf. Man müsse frühzeitig alle notwendigen Vorkehrungen treffen, damit die Landwirtschaft gerade in unserer Region den hohen Stellenwert behalte, der ihr zukomme und gebühre, so der Erste Stadtrat.

Auch Landrat Christian Engelhardt, Aufsichtsratsvorsitzender der WFB, hob die große Bedeutung hervor, welche die landwirtschaftlichen Unternehmen und ihre Erzeugnisse in der Wirtschaftsregion Bergstraße besitzen. Der Bestand der Betriebe sei rückläufig, doch „wir wollen uns nicht damit abfinden“, so der Landrat. „Sie schaffen Arbeitsplätze und sind ein Garant für unsere hohe Lebensqualität“, unterstrich er. Die hervorragende Qualität der Agrarprodukte gelte es zu bewahren, „daran arbeiten wir jeden Tag. Das Engagement lohnt sich“, schloss er.

Ein Viertel der landwirtschaftlichen Betriebe arbeiten an der Rentabilitätsgrenze, verdeutlichte Dr. Willi Billau, Vorsitzender des Regionalbauernverbandes Starkenburg e.V. Als Ursachen führte er niedrige Preise für haltbare Produkte wie etwa Getreide sowie enorm steigende Auflagen in der Landwirtschaft auf. Eine Stärke der Unternehmen liege im Anbau frischer Erzeugnisse wie Obst und Gemüse, die regional direkt vermarktet werden können. „Eine weitere Chance: auf die Jugend bauen. Geben Sie ihren Betrieb rechtzeitig ab“, appellierte er an die Gäste.

Im Anschluss informierte Karl-Heinz Armbrust, ehemaliger Rechtsanwalt im Hessischen Bauernverband e.V., über die Gestaltungsmöglichkeiten, aber auch Fallstricke der „Hofübergabe“. „Wenn der Betrieb abgegeben wird, müssen wiederum die Weichen für die nächste Übergabe gestellt werden“, machte er auf die Dringlichkeit des Themas aufmerksam. Man solle den jungen Leuten Spaß an der Landwirtschaft vermitteln und sie früh in Verantwortung bringen. Zunächst verdeutlichte er die Wichtigkeit eines Testaments, denn das gesetzliche Erbrecht sei kein praktikables Modell für eine Unternehmensnachfolge in der Landwirtschaft, betonte der Referent. Eine juristische Beratung sei notwendig, denn im so genannten „Hofübergabevertrag“ sollte grundsätzlich der gesamte Betrieb übertragen werden. Armbrust skizzierte zwei Schwerpunkte bei der Übergabe: die Versorgung der Eltern sowie die Abfindung der Erben. „Auch wenn dies ein unangenehmes Thema ist – man muss sich im Vorfeld verständigen und eine Lösung für alle Erben finden“, sagte er.

Über die vielfältigen Möglichkeiten der Altersvorsorge für Landwirte sprach Harald Krummenauer, Prokurist Vertrieb Agrar der R+V Allgemeine Versicherungen AG. Mit Rechenbeispielen zeigte er Versorgungslücken in der Landwirtschaftlichen Alterskasse (LAK) auf, was etwa die Altersrente, die Erwerbsminderungsrente, die Witwen/Witwer-Rente oder die Waisenrente betrifft. „Eine zusätzliche private Alters-, Invaliditäts- und Hinterbliebenenvorsorge sichert den Fortbestand des landwirtschaftlichen Unternehmens“, führte er aus. Bei einem regelmäßigen Arbeitsentgelt, einem außerlandwirtschaftlichen Erwerbseinkommen oder einem Erwerbsersatzeinkommen von unter 4.800 Euro jährlich könne man sich von der LAK befreien lassen und das Landwirtschaftliche Versorgungswerk der R+V in Anspruch nehmen, „das die Versorgungslücken schließt und für jeden Bedarf ein Produkt bereithält“, so der Referent. „Das Landwirtschaftliche Versorgungswerk bietet Ihnen eine gute Basisabsicherung“, schloss er.

Schlussworte übernahm Dr. Matthias Zürker, Geschäftsführer der WFB. „Wir wollen, dass sich die Wirtschaftsregion Bergstraße auch weiterhin so positiv entwickelt wie bisher. Hierbei spielt die Landwirtschaft eine wichtige Rolle“, sagte er in Richtung der Landwirte. Die WFB unterstütze sie dabei in vielfältiger Weise – durch beispielsweise informative Veranstaltungen in Kooperation mit der Raiffeisenbank Ried eG, die neu aufgelegte Direktvermarkter-Broschüre, die den Bürgerinnen und Bürgern sowie den Touristen einen Überblick über in der Region erzeugte landwirtschaftliche Produkte gibt, die man beim Hersteller beziehen kann, sowie mit dem Forum Unternehmensnachfolge, das die WFB kürzlich online geschaltet hat und auch für landwirtschaftliche Betriebe offen ist (wir berichteten).

Info: Wissenswertes über die kostenlosen Serviceleistungen der WFB gibt es hier, das Forum Unternehmensnachfolge finden Sie hier. Informationen über die Raiffeisenbank Ried eG sind hier erhältlich: www.raiba-ried.de.